Wenn wir uns dem Engpass unterordnen, müssen wir oft unsere Einstellung zum Wert der Dinge überdenken
Vor einer Weile war unser Team bei einem Kunden tätig, wo wir die Geschäftsbeziehungen zu den wichtigsten Partnern – Lieferanten sowie aktuelle und künftige Kunden – als Engpass identifiziert hatten. Die Art, wie diese Beziehungen im Unternehmen gehandhabt wurden, war die größte Hürde, die den Weg zu höherem Profit versperrte.
Wir erwogen diverse Möglichkeiten, das Problem anzugehen. Eine wichtige Rolle spielte dabei die Reaktionszeit auf Kundenanfragen. Aktuelle wie potentielle Kunden forderten regelmäßig ein Muster des fertigen Produkts an, um Qualität und Verarbeitung beurteilen zu können.
Diese Kleinserien an Mustern zu produzieren war zeit- und kostenaufwendig. Jedes Mal waren lange Umrüstzeiten notwendig, bei denen zudem eine Menge Abfallmaterial anfiel. Dazu kam, dass das Team nach Produktivität bewertet wurde und diese natürlich durch die Musterserien beeinträchtigt wurde, was das Ansehen des Teams bei der Geschäftsleitung beeinträchtigte.
Der allgemeine Konsens war denn auch, dass diese Musterserien Zeit und Ressourcen verschwendeten, die man anderweitig besser einsetzen könnte. Unser Kunde war sehr auf Umsatz bedacht und die Musterserien hatten für das Unternehmen auf den ersten Blick keinen direkten Wert. Schließlich konnte man sie nicht in Rechnung stellen – es ergab also durchaus Sinn, Aufträge, die Umsatz brachten, zu priorisieren.
Oder etwa nicht?
Unsere Antwort: eher nicht.
Die Beziehung zu Kunden war bereits als Engpass des Unternehmens identifiziert worden. Es war daher wichtig, die Glaubwürdigkeit des Unternehmens bei den Kunden zu verbessern. Kundenanfragen schnell zu beantworten – ob sie berechnet werden konnten oder nicht – war ein maßgeblicher Schritt in diese Richtung.
Es gab wenig Widerstand der Belegschaft gegen die Idee, dass Kunden aufgrund schneller Reaktionszeiten positiver über das Unternehmen denken würden. Der Widerstand gegen die hohen Kosten sowie den Zeit- und Materialverlust der Musterserien war allerdings nicht so leicht zu überwinden. Auch wenn Kunden ein wohliges Gefühl beim Gedanken an das Unternehmen bekommen, lässt sich das schlecht in Profit umrechnen.
Um die finanzielle Tragweite der bestehenden Strategie zu verstehen, mussten wir nur rekonstruieren, wie die heutige Vorgehensweise aussah. Da die Herstellung des Musters wiederholt ans Ende des Produktionsplanes verschoben wurde, erfolgte die Lieferung schlussendlich erst nach Wochen oder gar Monaten.
In der Zwischenzeit hatte der Kunde (oder potentielle Kunde) natürlich bereits seine Muster von Konkurrenzunternehmen erhalten und, in den meisten Fällen, auch dort schon eine Bestellung aufgegeben.
Unserem Kunden, dessen Kundenbeziehungen eh schon die Profitabilität beeinträchtigten, entgingen potentielle Bestellungen. Bestellungen, bei denen der Kunde bereits genügend Interesse gezeigt hatte, ein Muster anzufordern.
Waren diese Musterserien also wirklich so wertlos?