
Burnout-Prävention ist in der Wirtschaft mithin ein heikles Thema. Zwar ist den meisten Unternehmen zumindest abstrakt klar, dass chronisch überforderte Führungskräfte nicht die stabilsten „Bausteine“ einer langfristig erfolgreichen Strategie sein können. Geht es aber um konkrete Vorbeugung, schrecken viele vor den vermeintlichen Kosten zurück. Maßnahmen wie eine ausgeglichene Work-Life-Balance und/oder zusätzliche Einstellungen schlagen sich zwangsläufig auf die Profite nieder.
Hier spiegelt sich auch eine althergebrachte Einstellung wieder: nur ein ständig beschäftigter Mitarbeiter ist ein produktiver Mitarbeiter. In anderen Worten: eine Führungskraft, die nicht leicht überlastet ist, arbeitet nicht hart genug. Zudem schwingt ein gewisser Stolz darin mit, sich „voll für seinen Arbeitgeber einzusetzen.“ Entsprechend werden allemal oberflächliche Maßnahmen wie Seminare oder Coaching angeboten, um die Belastbarkeit der Mitarbeiter zu erhöhen und so Burnout-Symptomen vorzubeugen. Diese ähneln sich meist über Branchen und Unternehmensarten hinweg:
- Unklare oder widersprüchliche Prioritäten, häufige Prioritätenwechsel
- Dadurch akutes Multitasking
- Chronische Konflikte und faule Kompromisse – Führungskräfte sitzen dabei oft zwischen den Stühlen oder werden zum Buhmann
- Misstrauen zwischen Mitarbeitern und Führungskräften
- Durch chronische Verspätungen stehen Manager ständig unter Druck
- Kampf um Ressourcen und um (Management-)Aufmerksamkeit
- Rechtfertigungsdruck, gegenseitige Schuldzuweisung
- Nötige Befugnisse oder Kompetenzen fehlen
Die weitreichenden Kosten eines solchen Arbeitsumfelds werden gern übersehen – oft, weil sie schwer zu beziffern sind und die Ursache-Wirkungs-Beziehungen recht komplex sind. Doch es lohnt sich, sie zu erforschen, denn das Burnout schadet nicht nur dem betroffenen Mitarbeiter selbst, sondern hat auch kostspielige Konsequenzen für das Unternehmen:
- Multitasking – das ständige Hin- und Herspringen zwischen mehreren Aufgaben – ist nicht nur belastend, sondern äußerst ineffizient.
- Überlastung selbst ist leistungsmindernd: ein erschöpfter Manager wird in der gleichen Zeit weniger erledigen als ein ausgeruhter.
- Für Mitarbeiter ist es oft schwer, chronisch überforderte Führungskräfte zu erreichen, wenn Entscheidungen fällig sind: es kommt zu Verzögerungen in der Produktion und unnötig langen Lieferzeiten.
- Zudem drohen potentiell teure oder fatale Fehlentscheidungen, weil die Zeit, Energie und Konzentration fehlen, sich mit einem Problem ausreichend zu beschäftigen.
- Ein angespanntes Arbeitsumfeld wirkt sich auch negativ auf andere Mitarbeiter aus – der Stress verbreitet sich so allmählich im ganzen Unternehmen.
- Und schließlich: temporärer oder gar permanenter Verlust
- qualifizierter Führungskräfte, die oft ohne Vorwarnung ersetzt werden müssen.
In Angesicht dieser Folgen erscheint die Investition in robuste Burnout-Prävention gleich nicht mehr so verschwenderisch. Es sollte deutlich werden, dass chronisch überforderte Führungskräfte nicht optimal zu einem leistungsfähigeren Unternehmen beitragen können.
Was genau sind denn nun die typischen Auslöser des Burnouts bei Führungskräften? Ist es pure Überarbeitung? Liegt die Lösung also einfach darin, jeden eine Stunde früher nach Hause gehen zu lassen oder mehr Urlaub zu genehmigen? Oder ist es nicht eher so, dass Manager auch dann nicht abschalten, sondern spät abends vom Handy Emails beantworten und sich des Nachts um das verspätete Projekt oder den schwelenden Konflikt zwischen Mitarbeitern Gedanken machen?
Nicht jeder ist für Überlastung und Burnout gleich anfällig. Eine individuelle Prädisposition kann dazu beitragen, Stresssituationen unbeschadet(er) zu bewältigen. Allerdings ist es für Arbeitgeber oft schwierig, nach solchen Kriterien schon bei der Einstellung „vorauszusehen“, Zudem werden Mitarbeiter im Tagesgeschäft dazu verleitet, Stresssymptome zu verbergen.
Viel produktiver für beide Seiten ist es also, die Auslöser des Burnouts anzugehen – und diese liegen direkt in stressigen Arbeitsbedingungen. Es kann also nicht ausreichen, die Zeit zu reduzieren, die am Job verbracht wird. Der Stress selbst muss reduziert werden – und das geht nur, wenn die Ursachen des Stresses eliminiert werden. Es gilt, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem:
- Manager ihren Verantwortlichkeiten fokussiert nachgehen können, anstatt Multitasking zu betreiben, indem:
- Managementintervention nicht bei jedem Konflikt die Standardantwort ist, weil:
- Klare, unternehmensweite Vorgaben bestehen, die von allen verstanden und befolgt werden und
- Mitarbeiter die Befugnisse haben, wichtige Entscheidungen alleine treffen zu können.
- Sind Manager doch mal gefragt, geschieht dies rechtzeitig, anstatt erst, wenn das Projekt / die Produktion hoffnungslos verspätet ist.
- Feuerlöschen wird allgemein auf ein Minimum reduziert, i.a.W.:
- Das Unternehmen befindet sich nicht ständig im Krisenmodus.
Ein solches Umfeld – das sollte auf den ersten Blick klar sein – führt zu vielen weiteren positiven Effekten, die auch anderen Mitarbeitern sowie der Leistungsfähigkeit des Unternehmens zugutekommen. Wie Sie dieses im Konkreten schaffen, erfahren Sie in zwei Wochen im zweiten Teil dieser Blogserie.