
Innerhalb von Monaten hat eine Infektion in Wuhan/China die ganze Welt in eine Krise gestürzt. Dies betrifft uns alle und beschäftigt uns auch beruflich sehr stark.
Auslöser für die folgenden Überlegungen war ein Besuch bei einem unserer Kunden, der mich zu einem Review eingeladen hatte.
Auf der Agenda standen die Lessons-Learned aus dem innerhalb der letzten Monate aktivierten, Multiprojektmanagement-Prozess.
Die Überraschung
- Doch es kam anders, das Gespräch nahm einen unerwarteten Verlauf. Waren vorher die Ergebnisse aus der Veränderung auf der Agenda, geht es der Geschäftsführung heute um „Planung der Reaktion auf Corona“. Eine Vielfalt von notwendigen Maßnahmen sind zu planen und umzusetzen.
- Lieferanten in Italien sind blockiert
- Kunden sind zum Teil nicht ansprechbar wegen eigener Krisenmaßnahmen oder weil Investitionen verschoben werden.
- Kunden melden sich mit dringenden Aufträgen für die Krankenhaushygiene – das bisher nur ein kleiner Teil des Produktportfolios war.
- Umstellung der Produktion auf zwei Schichten jeweils mit einer Stunde Abstand, damit einerseits Infektionen unwahrscheinlicher werden und im Fall einer Infektion wenigstens eine Schicht weiterlaufen kann.
Und nicht zu vergessen: Homeoffice und Kurzarbeit müssen organisiert werden. Das bedeutet für manche doppelte Arbeit, für andere weniger Arbeit.
Die generelle Lage garantiert Überraschungen und laufende Änderungen der Rahmenbedingungen. Bei 70% Exportanteil sind Grenzschließungen Gift für das Geschäft.
Krise oder Chance
So etwas nennen manche eine Krise. Mir fällt dazu ein Zitat von Präsident Obama ein (sicher nicht die Originalquelle): „Never waste a good crisis!“
Unser Gespräch kreiste daher hauptsächlich um zwei Themen:
- Die definierten Themen müssen zeitnah und konzentriert angegangen werden und schnellstens in guter Qualität erledigt sein.
- Wie gehen wir gestärkt aus der Krise? Wie machen wir die Organisation wieder ein Stück resilienter?
Hilft eine SWOT Analyse?
Schnell waren Stärken, Schwächen, Risiken und Chancen definiert und geprüft (die sog. SWOT Analyse).
Eine klare Chance kristallisierte sich heraus: Krankenhäuser nehmen jetzt das Geld in die Hand, zum Teil lang geplante Hygienemaßnahmen schnell durchzuziehen. Wir können einen Teil dazu beitragen, wenn wir sowohl im Verkauf, als auch Entwicklung und Produktion schnell reagieren.
Eine Stärke stellt sich als neu und gerade jetzt entscheidend wichtig heraus: Durch die mit uns durchgeführten Veränderungen der letzten Monate wurde das Multiprojektportfolio so umgestellt, dass Prioritäten und deren Veränderung durch die Geschäftsführung nicht nur wohl überlegt und für alle Betroffenen sichtbar gemacht wurden, sondern dass die Teams und Abteilungen auch unmittelbar fähig und bereit sind, diese in ihrer täglichen Arbeit umzusetzen. Erreicht wurde dies durch einen definierten KnowHow-Transfer und diverse Gruppenprozesse.
Das Vorgehen
Eine der grundlegenden Fragen war nun: Welche Projekte müssen jetzt in Rekordzeit fertiggestellt werden und welche gehen auf Pause?
Es entstanden zwölf neue Vorhaben. Darunter waren Themen, wie zum Beispiel die Beschaffung zu befähigen, Material aus Italien unter dem Titel „Krankenhaushygiene“ zu bekommen. Dadurch wurde es Firmen in Italien, die sonst geschlossen wären, ermöglicht, diese Zulieferteile zu produzieren und auszuführen.
Diese 12 neuen Vorhaben wurden nun in die TOP 20 des Projektportfolios und mit einer eindeutigen Reihenfolge versehen.
Entsprechend dieser Priorität ordneten die Teamleiter die besten Mitarbeitenden den Projekten entsprechend der Priorität zu. Das Thema der Führungskräfte ist der schnelle Fluss der Arbeit durch ihr Team und natürlich am besten auch noch die Arbeit am richtigen Projekt – denn nichts ist schlimmer, als mit voller Energie im falschen Film zu handeln. Die Teams sind – auch durch die Workshops der letzten Monate – darauf eingestellt, auf den Flow zu achten und rechtzeitig die Übergabe an den nächsten vorzubereiten.
Das Geschäftsführungsteam organisiert sich selbst mit kurzen StandUp‘s zwei Mal pro Woche, in dem es die Durchführung des Gesamtplans verfolgt und Aktivitäten im Team verteilt. Ebenso zwei Mal pro Woche können in einem „PipeCleanerMeeting“ (PCM) von Mitarbeitern und Führungskräften Probleme eingebracht werden, die den Prozess oder die wichtigsten Projekte betreffen. Das Ergebnis sind schnelle Entscheidungen und definierte ToDo’s, die dann auch nachverfolgt werden.
Und heute?
Zwei Monate sind seitdem vergangen. Wichtige Weichen sind gestellt. Diese Krise wurde intensiv genutzt. Einige der Prozessänderungen werden auch weiterhin permanent im Unternehmen umgesetzt werden. Die Firma steht besser da als zuvor.
Ein Problem ist nun sehr deutlich herausgearbeitet worden: Die eindeutige Prioritätensetzung gibt zwar Klarheit, diese hängt aber von Entscheidungen des Geschäftsführungsteams ab. Da das Team nicht ständig zusammentritt, ist die Priorität daher notwendigerweise von Zeit zu Zeit nicht aktuell oder aus einem anderem Grund nicht mehr zielführend.
Das gibt der bereits geplanten nächsten Phase des Veränderungsprojekts mehr Gewicht, nämlich durch eine gemeinsam Planungskultur die Basis für robuste und automatisch generierte globale taktische Prioritäten zu legen.
Dann steuert die Geschäftsführung die Termine entsprechend der geschäftlichen Notwendigkeit, überlässt aber die tägliche Durchführung den Teams, die sich nur an der taktischen Priorität orientieren.
Das StandUp des Geschäftsführungsteams bekommt eine permanente Funktion. Der Drive der Veränderung, welcher die letzten Monate gekennzeichnet hat, soll ein permanentes Kultur-Merkmal des Unternehmens werden.
Auch das Team stellt sich in den regelmässigen Besprechungen immer wieder die Fragen:
- Was brauchen unsere Kunden?
- Wie kann immer wieder der Vorsprung zum Wettbewerb ausgebaut werden?
- Welche Marktsegmente könnten geöffnet und dominiert werden?
… und baut daraus einen „Masterplan“, den es Schritt für Schritt, wöchentlich verfolgt und umsetzt.
Fazit
Für dieses Unternehmen ist es eine „gute Krise“. Das Unternehmen hat es geschafft, rechtzeitig Instrumente für die Bewältigung zu schaffen.
Und wenn Sie Lust haben, das ganze auch als Webinar zu erleben, hier finden Sie den Link dazu.