Neulich habe ich in der Blogserie ”Zwei TOC-Denkwerkzeuge für erfolgreiche Veränderungen” die Change-Matrix mit ihren vier Aspekten einer Veränderung näher erläutert. Heute möchte ich Ihnen zeigen, wie Sie anhand der Change-Matrix überprüfen können, ob die Nutzung von Critical Chain Projektmanagement /Projectsflow® in Ihrem Unternehmen sinnvoll ist und wie Sie die Veränderungsinitiative optimieren können.
Mein Kollege Rudolf Burkhard hat im TOC4U Forum einen interessanten Artikel1 zu diesem Thema veröffentlicht, der die Grundlage für meinen Blogbeitrag bildet. Rudolf Burkhard hat den Artikel über „Critical Chain Projektmanagement (CCPM)“ geschrieben. ProjectsFlow® ist eine Weiterentwicklung dieses Themas. Sowohl CCPM als auch ProjectsFlow® stellen im vorliegenden Artikel nur ein Beispiel dar, an dem ich zeige, wie Sie alle Veränderungsinitiativen dahingehend überprüfen können, ob diese für Ihr Unternehmen geeignet und sinnvoll sind. Zur besseren Lesbarkeit reden wir nachfolgend nur von ProjectsFlow®.
Oftmals sind den Managern die Vorteile einer Veränderung, im vorliegenden Beispiel von ProjectsFlow ®, bewusst – sonst würden Sie die Veränderung nicht vorantreiben. Aber wie sieht es mit den restlichen Aspekten aus?
1. Die möglichen positiven Ergebnisse einer Investition in ProjectsFlow® (Der „Topf voller Gold“).
2. Die potenziellen Hindernisse und Risiken der Investition (Die „Krücken“).
3. Die positiven Punkte, falls wir NICHT investieren (Die „Meerjungfrau“, die wir nicht aufgeben wollen).
4. Die Risiken die uns drohen, falls wir NICHT investieren (Das „Krokodil“, das schon gefährlich nahe ist).
Abbildung: Change-Matrix mit Symbolerklärung2
Unternehmen, die nach ProjectsFlow® arbeiten, berichten häufig von folgenden positiven Veränderungen:
1. Projekte, vor allem in Multiprojektumgebungen, werden viel schneller abgeschlossen, ohne Abstriche an Qualität und mit demselben Budget (25 bis 50% kürzere Projektlaufzeiten).
2. Projekte werden viel öfter fristgerecht abgeschlossen (> 90% der Projekte halten den vereinbarten Liefertermin ein). Die wenigen Projekte, die immer noch zu spät abgeschlossen werden, verspäten sich nur noch geringfügig im Vergleich zur Ausgangssituation.
3. Das Unternehmen kann mehr Projekte (mit den gleichen Ressourcen) abschließen (25%-50% mehr Projekte) im Vergleich zur jetzigen Situation.
4. Mitarbeiter sind motivierter, die Unternehmenskultur verbessert sich und die Harmonie im Unternehmen steigt erheblich. (Dieser Vorteil wird von japanischen Unternehmen besonders betont).
5. Das Unternehmen kann (sofern das Management dies anstrebt) die neuerworbene Geschwindigkeit, Zuverlässigkeit und Fähigkeit zur Transformation nutzen, einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil aufzubauen.
Ermitteln Sie doch mal, wieviel Gewinn Ihr Unternehmen erwirtschaften kann, wenn es in der Lage ist, 25%-50% mehr Projekte mit den gleichen Ressourcen abzuschließen und diese auch an Kunden zu verkaufen. Ermitteln Sie außerdem, wieviel Vertragsstrafen Sie einsparen, wenn mehr als 90% der Projekte termingerecht abgeschlossen werden und sich die restlichen Projekte nur geringfügig verspäten.
Stellen Sie im Anschluss die Kosten und Risiken der Implementierung dem erwarteten Gewinnzuwachs gegenüber. Häufig zeigt sich hier, dass die Implementierungskosten bereits nach sehr kurzer Zeit amortisiert werden können.
Aber nicht nur die Kosten der Veränderung werden in das Feld „Krücken“ eingetragen, sondern auch potentielle Risiken.
Die Einführung von ProjectsFlow® erfordert mehrere Paradigmenwechsel. Jede dieser Paradigmenwechsel basiert auf gesunden Menschenverstand, aber sie sind der gängigen Praxis völlig entgegengesetzt. Daher werden die betroffenen Mitarbeiter und Manager sich (zunächst) über die geplante Veränderung Sorgen machen bzw. kann es während der Veränderung (unbewusst) zu Widerständen kommen, da Altbewährtes in Frage gestellt wird. Außerdem sollte man sich bewusst sein, dass durch ProjectsFlow® die Arbeit nicht verschwindet, sondern nur besser organisiert, sequenziert und synchronisiert wird.
Oftmals äußern Mitarbeiter Bedenken, deren Unternehmen sich entschieden haben, ProjectsFlow® einzuführen, aber ohne den Mitarbeitern genau zu erklären, wie ProjectsFlow® genau funktioniert. Diese Bedenken haben wir in der folgenden Tabelle aufgelistet. Wenn diese oft auf Halbwissend bestehenden Bedenken nicht ausgeräumt werden, kann dies zu erheblichem Widerstand bei der geplanten Implementierung führen. Deshalb empfehle ich Unternehmen bereits vor Einführung der neuen Projektmanagement Methode, den Mitarbeitern die Grundlagen von CCPM/ ProjectsFlow® zu vermitteln und Missverständnisse direkt anzusprechen und aufzuklären. Gerne organisieren wir entsprechende Workshops in Ihrem Unternehmen.
Bedenken der Mitarbeiter | Missverständnis/ falsche Annahme der Mitarbeiter | Aufklärung des Missverständnisses bzw. Injektion (Lösungsidee) |
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Projekte sollen jetzt noch schneller abgeschlossen werden und gleichzeitig sollen wir noch mehr Projekte bearbeiten! Ich schaffe meine Arbeit jetzt schon nicht! Meine Leistungskennzahlen sind in Gefahr! | Mitarbeiter glauben,dass sie mehr leisten müssen als vorher, damit mehr Projekte schneller abgeschlossen werden können. Sie wissen nicht, dass im Moment sehr viel Zeit durch Desynchronisation, Multitasking, Studentensyndrom und versteckte Zeitpuffer verschwendet wird. | Mitarbeitern die jetzige Zeitverschwendung und das immense Einsparpotenzial anhand von praxisnahen Simulationen vor Augen führen Hervorheben, dass in der ersten Phase Projekte eingefroren werden, d.h. erst einmal viel weniger Projekte gleichzeitig bearbeiten werden müssen als vorher (den sog. WIP – Work in Process reduzieren) Erklären, dass der neue Fokus auf der schnellstmöglichen Abarbeitung – ohne Unterbrechung – von Aufgaben liegt, damit der Flow der Projekte nicht unterbrochen wird. Alte Leistungskennzahlen werden entsprechend angepasst. |
Die Anzahl meiner gleichzeitig zu bearbeitenden Aufgaben wird deutlich gesenkt. Meine Leistungskennzahlen sind in Gefahr! | Mitarbeiter glauben, dass sie weniger arbeiten werden, da viele der laufenden Projekte eingefroren werden. | Mitarbeitern erklären, dass sie zukünftig an wenigen Projekten und immer nur an einer Aufgabe (Single-statt Multi-tasking) aber dafür synchron und ohne individuelle Zeitpuffer arbeiten. Dadurch steigt ihre Leistung. Alte Leistungskennzahlen werden entsprechend angepasst. |
Wenn wir mehr mit den gleichen Ressourcen leisten, könnte das Management entscheiden, das gleiche mit weniger Ressourcen zu leisten. Mein Job ist in Gefahr! | Mitarbeiter glauben, dass das Unternehmen nicht in der Lage ist mehr Projektaufträge zu erhalten und daher Ressourcen kürzen wird. | Management garantiert seinen Mitarbeitern glaubhaft, dass niemand entlassen wird und dass die freigewordenen Ressourcen dafür genutzt werden, mehr Projekte zu bearbeiten. Es zeigt, dass der Markt und die Nachfrage groß genug sind, um die Steigerung der Projektabschlüsse auch zu verkaufen. Das bedeutet erstmal mehr Gewinn. Zudem baut das Unternehmen einen bedeutenden Wettbewerbsvorsprung auf, indem es seine neue Fähigkeit, Projekte schneller abzuschließen, intensiv vermarktet und dadurch mehr und höher dotierte Projektaufträge erhält. |
Die Investition von Zeit und Geld in CCPM/ ProjectsFlow® ist sehr groß. Wir benötigen neue Soft ware und Berater. Die Lernkurve ist sehr lang. | Mitarbeiter überschätzen die nötigen Ressourcen und unterschätzen den zusätzlichen Gewinn der erzielt werden wird. | Das Management zeigt, dass die Kosten sofort durch zusätzlichen Gewinn amortisiert werden. Nachdem die Mitarbeiter die Grundlagen von CCPM/ ProjectsFlow® gelernt haben, sollten sie erkennen, dass die PM Methode auf gesunden Menschenverstand beruht. |
Projektmitglieder werden sich nicht an die neuen Spielregeln halten (Graben-kämpfe, Kampf um Ressourcen wird weitergehen). | Mitarbeiter glauben, Menschen sind schlecht, da sie unter den Grabenkämpfen und dem Kampf um Ressourcen der letzten Jahre gelitten haben. Sie verstehen nicht, dass das alte PM System die Mitarbeiter zu diesen Verhaltensweisen gezwungen hatte. | Management macht deutlich, dass Menschen im Grunde gut sind und dass CCPM/ProjectsFlow® die Zusammenarbeit im gesamten Unternehmen fördern wird (Unternehmensoptimierung statt Bereichsoptimierung). Management erklärt, dass alle im selben Boot sitzen und die beste Strategie der Fokus auf den Engpass ist. Zudem zeigt es auf, wie sich die Unternehmenskultur, die Harmonie im Unternehmen und die Motivation der Mitarbeiter automatisch verbessern wird. |
Tabelle: Typische Missverständnisse und ihre Aufklärung3
Aber nicht nur Missverständnisse und befürchtete Risiken führen zu Widerständen gegen eine geplante Veränderung. Auch liebgewonnene Gewohnheiten, sogenannte Meerjungfrauen, werden selten ohne Protest aufgegeben.
- Sie und Ihre Mitarbeiter glauben, dass das jetzige Geschäftsumfeld in Ordnung ist?
- Ihre Mitarbeiter sind mit den aktuellen Prozessen vertraut, alles läuft (anscheinend) reibungslos?
- Ihr Unternehmen und Ihre Kunden sind mit dem jetzigen Prozess zufrieden (da sie nicht wissen, wie viel besser dieser sein könnte)?
- Die Erwartungen der Kunden und Manager des Unternehmens werden trotz suboptimalem Projektmanagement erfüllt?
Wenn dies so ist und Ihr Unternehmen mit den erzielten Ergebnissen zufrieden ist, dann ist die Bereitschaft eine neue Projektmanagement Methode einzuführen gering, es sei denn, Sie können zeigen, dass der Goldschatz, d.h. die positiven Ergebnisse, sehr groß sind, die Risiken (Krücken) vergleichsweise klein und eine Gefahr für die Existenz des Unternehmens besteht (Krokodil), wenn es sein Projektmanagement nicht optimiert.
Wenn das Unternehmen kaum positive Ergebnisse durch ProjectsFlow® erzielen wird, die Risiken überproportional groß sind und die Existenz des Unternehmens nicht gefährdet ist, dann investieren Sie NICHT in ProjectsFlow® . Mit aller Wahrscheinlichkeit würde die Implementierung versanden und wertvolle Ressourcen verschwendet werden, die für andere wichtigere Tätigkeiten fehlen. Die Situation des Unternehmens würde sich verschlechtern. Eine erste Erkenntnis dazu können Sie über den Schnelltest zum Multitasking gewinnen. Wenn diese Werte schlecht sind, sollten Sie über weitere Schritte ernsthaft nachdenken.
Oftmals ist aber die Gefahr, in der sie sich aufgrund des suboptimalen Projektmanagements befinden, gar nicht bewusst. Sie leiden häufig unter folgenden (sehr bissigen) Krokodilen:
1. Kunden drohen, zur Konkurrenz zu wechseln, weil Projektlaufzeiten zu lang sind oder Projekte oft verspätet fertiggestellt werden (hohe Unzuverlässigkeit).
2. Interne Projekte sind unattraktiv, weil die Projektkosten aufgrund langer Projektlaufzeiten und finanziellen Puffern, die unnötig aufgebraucht werden, zu hoch sind. Potenziell attraktive Projekte werden nicht durchgeführt.
3. Innovationen und Produktentwicklungen dauern zu lange und beanspruchen zu viele Ressourcen. Ihre Konkurrenz wird Sie bald überholen.
4. Wettbewerber, die CCPM/ProjectsFlow® eingeführt haben, können einen bedeutenden Wettbewerbsvorsprung aufbauen und Ihr Unternehmen bedrängen.
5. Ihr Vertrieb erlebt einen starken Druck auf Preise oder Lieferzeiten, Gewinnmargen und Zuverlässigkeit drohen zu sinken.
Sie müssen Ihre Krokodile ganz genau im Auge behalten. Wenn diese wachsen und (noch) aggressiver werden, dürfen Sie keine Zeit verlieren und müssen sofort handeln!
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Quelle:
1: Rudolf Burkhard: Should I Invest In “CCPM”? 9. Juni 2013, http://www.toc4u-focus.com/2013/06/should-i-invest-in-ccpm.html
2: eigene Darstellung3: eigene Darstellung