Wie wir bisher in Teil 1 und Teil 2 gesehen haben, bietet die Veränderung menschlicher Denkprozesse einen recht effektiven, wenn auch oft aufwändigen Weg, bessere Verhaltensweisen im Unternehmen einzuführen. Sie kann mit anderen Vorgängen kombiniert werden, um den Erfolg zu erhöhen oder zu beschleunigen.
Messwerte und Kennzahlen
Humberto Baptista beschreibt Messwerte in seinem Vortrag1 als „dritten“ Weg der Veränderung, zwischen dem physischen und dem mentalen gelegen. So passen sie denn auch weder vollständig in das eine, noch in das andere, sondern stellen eine Mischung beider dar: sie messen etwas physisches (erwünschte Wirkungen) und helfen damit, das Mentale (Denkprozesse) zu verändern.
Ein paar wichtige Punkte seien in Bezug auf Leistungskennzahlen hervorgehoben:
- Die einzige Daseinsberechtigung einer Leistungskennzahl ist es, das gewünschte Verhalten zu fördern. Alles andere ist Ablenkung und oft gar schädlich.
- Entgegen der allgemeinen Meinung brauchen Messwerte nicht präzise zu sein. Wichtiger ist es, dass sie das richtige Verhalten erfassen. „Es ist besser, ungefähr richtig zu liegen als genau falsch“, pflegte auch schon Eli Goldratt zu sagen.
- Messwerte benötigen nicht zwangsweise Belohnungen oder Sanktionen, denn Menschen tendieren ganz von alleine dazu, sie erfüllen zu wollen. Das kann sogar oft nach hinten losgehen: Anstatt die Werte um ihrer selbst willen zu erreichen, geht es jetzt nur um die Belohnung. Das führt dann zu kontraproduktivem Verhalten wie zum Beispiel Verkaufszahlen ins nächste Jahr zu übertragen oder ähnliches.
- Ebenso ist es gefährlich, zu viele Messwerte einzuführen, denn so verlieren wir das eigentliche gewünschte Verhalten schnell aus den Augen. Zudem besteht die Gefahr, dass sich einzelne Kennzahlen am Ende widersprechen (wir können nicht alle möglichen Umstände vorhersehen!) und ebenfalls die Verhaltensweisen negativ beeinflussen.
- Sind die Folgen (also die gemessene Wirkung) zu weit von unserem Verhalten entfernt, können wir das Ursache-Wirkungs-Verhältnis nicht mehr nachvollziehen. Es stellt sich das Gefühl ein, dass wir den Messwert eh nicht beeinflussen können und wir werden ihn viel eher ignorieren (womit sich dann unser Eindruck verstärkt).
Kurz: es ist verlockend, ein komplexes System der Leistungsüberwachung zu entwickeln. Doch weniger ist oft mehr!
Veränderungen in der Umwelt
Die Veränderung des physischen Umfeldes ist die dritte Option, Menschen dazu zu veranlassen, sich anders zu verhalten. Ergebnisse lassen oft hier länger auf sich warten, können aber langfristig ebenso wirkungsvoll sein. Rufen wir uns Humberto Baptistas Realitätsmodell aus Teil 1 in Erinnerung:
Hier erkennen Sie sehr gut, dass es sich um einen Kreislauf handelt (rot hervorgehoben). Nehmen Sie nun eine Veränderung im physischen Umfeld vor, die die Menschen dazu zwingt, andere Entscheidungen zu treffen, wird dies – auf Dauer – auch ihre Denkweisen verändern. Es wird ihnen hier selbst überlassen, die Ursache-Wirkungs-Verhältnisse zu entdecken, die ihnen im anderen Fall überzeugend dargelegt worden sind.
Ein Beispiel aus der Praxis: um den Durchsatz zu erhöhen, entscheidet sich ein Multiprojektunternehmen dazu, die Anzahl aktiver Projekte einzuschränken. Da dies auf den ersten Blick nicht intuitiv erscheint, sind Projektmanager und Ressourcen verleitet, trotzdem neue Projekte verfrüht zu starten. Dies kann mit einer physischen Veränderung verhindert werden: das nötige Rohmaterial (oder ähnliches) wird erst zum geplanten Projektstart freigegeben. Das Umfeld bringt so die Mitarbeiter dazu, sich anders zu verhalten; auf Dauer können sie dann selbst erfahren, dass weniger aktive Projekte zu besserer Leistung führen (und werden dann freiwillig bei der neuen Verhaltensweise bleiben).
Diese Vorgehensweise dauert in der Regel länger, ist allerdings dafür umso wirksamer, denn der Mitarbeiter hat die Zusammenhänge selbst erkannt, fühlt sich also viel eher emotional damit verbunden. Es ist immer beeindruckender, etwas selbst zu erleben, als es vorgekaut zu bekommen. Zudem sind physische Veränderungen leichter in großem Maße umzusetzen. Und sie sind beständiger: solange das Umfeld verändert bleibt, bleiben es auch die Verhaltensweisen – vorausgesetzt, den Mitarbeitern wird kein „Schummeln“ ermöglicht.
Denn hier zeigen sich dann schnell die Einschränkungen: eine wirklich „unumgängliche“ Veränderung im physischen Umfeld ist sehr schwierig zu gestalten. Ist der Mensch nicht von der Verbesserung überzeugt, so hat er keinerlei Anreiz, sein Verhalten zu ändern. Und Menschen sind findig: sind sie motiviert genug, werden sie einen Weg finden, die Veränderung zu umgehen.
Erfolgreiches Zusammenspiel
Aus diesem Grunde werden wir die größte Wirkung erzielen, wenn wir alle drei Wege – mental, physisch, unterstützt durch entsprechende Kennzahlen – miteinander kombinieren, um einen wirklich durchschlagenden Erfolg zu garantieren.
Jede der drei Optionen unterstützt dabei die jeweils anderen:
- Die Veränderung in den Köpfen sorgt dafür, dass die Mitarbeiter nicht versuchen, die neuen Prozeduren in der Wirklichkeit zu umgehen.
- Die richtigen (wenigen!) Messwerte bieten den Mitarbeitern schlüssiges Feedback dazu, dass sie die neuen Verhaltensweisen erfolgreich einsetzen.
- Die Veränderungen im physischen Umfeld helfen als Erinnerungsstützen, falls Gewohnheiten und Reflexe dazu verleiten, in alten Paradigmen zu verharren.
Behalten Sie also bei der nächsten Verbesserungsinitiative ein Auge auf die drei dargelegten Wege. Welchen der drei setzen Sie schon ein? Welcher wäre damit leicht zu kombinieren? Sie müssen nicht zwingend in jeder Situation alle drei Wege einsetzen. Es kann sich aber durchaus lohnen, einen zusätzlichen Aspekt in Ihre Initiative zu integrieren und so die Veränderungen schneller und wirksamer im Unternehmen zu verankern.
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1 Humberto R. Baptista, The Avenues of Change: Why people Change and How to Manage the Process: http://tocico.net/TheAvenuesofChangeV1.0.pdf