Die Frage mag banal erscheinen: WANN (unter welchen Bedingungen) sollte ein Unternehmen einen neuen Projektmanager einstellen (oder einen externen ‚Projektmanager auf Zeit‘ engagieren)?
Ebenso die banale Antwort: Dann und nur dann, wenn sich durch die Einstellung des neuen Projektmanagers die Geschäftsergebnisse (sofort oder bald) verbessern.
Dazu ein paar Beispiele:
- Das Unternehmen realisiert Projekte für externe Kunden. Es hat viele Aufträge und Auftragschancen, ist aber – durch einen Mangel an Projektmanagement-Kapazität – daran gehindert, die Aufträge (zuverlässig) zu realisieren bzw. die Auftragschancen zu nutzen.
- Das Unternehmen nutzt Projekte, um neue Produkte zu entwickeln. Es hat viele valide Ideen für neue Produkte (oder deren Weiter-entwicklung), ist aber – durch einen Mangel an Projektmanagement-Kapazität – daran gehindert, diese Ideen umzusetzen.
Mit anderen Worten: Ein Unternehmen sollte dann und nur dann eine/n neue/n ProjektmanagerIn einstellen, wenn
- Projektmanagement-Kapazität den Engpass des Unternehmens darstellt UND
- das Hinzufügen eines neuen Projektmanagers die Projektmanagement-Kapazität des Unternehmens vergrößert, so dass in Folge der vergrößerten Kapazität
- mehr Projekte pro Jahr fertig werden und dadurch
- Durchsatz und Gewinn des Unternehmens sofort (bei Kundenprojekten) oder mittelfristig (bei anderen Projekten) ansteigen.
Die bittere Wahrheit ist:
- in fast allen Fällen erfolgt die Einstellung eines neuen Projektmanagers in der Absicht, die Unternehmensergebnisse zu verbessern
- in SEHR VIELEN Fällen führt die Einstellung eines neuen Projektmanagers aber tatsächlich zu einer Verschlechterung der Unternehmensergebnisse
Wie kann das sein?
Je mehr Aufträge / Projekte gleichzeitig aktiv sind, umso mehr konkurrieren die Projekte (in Person ihrer ProjektmanagerInnen) um Management-Aufmerksamkeit und Ressourcen. Diese Konkurrenz führt zu
- erheblichem Zeitverlust bei ProjektmanagerInnen und anderen Führungspersonen (durch Argumentationen, Berichte und Konflikte)
- Multitasking im Management und bei den Mitarbeitenden – was ebenfalls Arbeitszeit verschwendet und vor allen Dingen Durchlaufzeiten extrem verlängert
- dünne Ressourcenverteilung – was insbesondere Durchlaufzeiten verlängert
- desynchronisiserte Bearbeitung der Projekte – was ebenfalls die Durchlaufzeiten verlängert
- So entstehen Verzögerungen, Kosten und Unzuverlässigkeit. Das wiederum erzeugt einen zunehmenden Druck, neue Projekte früh(er) zu beginnen. Allerdings: jedes neue Projekt verschärft den Kampf der Projekte um Management-Aufmerksamkeit und Ressourcen. Ein Teufelskreis.

Die Folgen aus diesem Teufelskreis sind:
- Ein signifikanter Anteil der Kapazität geht verloren.
- Die Projekte dauern viel länger als sie müssten (was die Zuverlässigkeit und Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens beeinträchtigt)
In dieser Situation einen Projektmanager einzustellen, bedeutet nichts anderes als den Kampf der Projekte um Management-Aufmerksamkeit und Ressourcen zu verschärfen, also die Unternehmensergebnisse zu verschlechtern.
Warum erscheint es oft dennoch so attraktiv zu sein, einen neuen Projektmanager einzustellen?
- Die oben dargestellte typische Situation einer Multiprojektorganisation signifikant zu verändern, erscheint schwer, langwierig und womöglich außerhalb des eigenen Einflussbereichs. Das Thema zu adressieren könnte daher sogar riskant sein.
- Einen neuen Projektmanager einzustellen ist dagegen in Übereinstimmung mit den typischen Verhaltensweisen des Unternehmens und kann über ein etabliertes Entscheidungs-Verfahren bewirkt werden. Ein Risiko für den, der die Einstellung eines neuen Projektmanagers beantragt oder dem zugestimmt hat, gibt es nicht oder es ist unwesentlich.
Die Erfahrung aus der Zusammenarbeit mit Unternehmen, die viele Projekte gleichzeitig realisieren, zeigt immer wieder: Es ist möglich,
- innerhalb weniger Wochen den o.g. Teufelskreis zu durchbrechen
- dem Unternehmen schnell Kapazität zu verschaffen (ohne zusätzliche Mitarbeitende oder Führungspersonen zu benötigen)
- die Durchlaufzeiten deutlich zu verkürzen (und so die Wettbewerbsposition zu verbessern)
Wie?
- Schauen Sie sich das Video „Mehr Projekte in kürzerer Zeit 2020“ an,
- lesen oder hören Sie „Projects that Flow“ oder
- vereinbaren Sie gleich einen Termin zwischen Ihrer Geschäftsführung und einer/m unserer SpezialistInnen für „Mehr Projekte in kürzerer Zeit“.
Kann Transparenz Selbstzweck sein?
„Mehr Transparenz“ ist meiner Erfahrung nach die meistgenannte Motivation, ein neues Multiprojekt-Managementsystem einzuführen, ebenso wie ein oft genannter „Erfolg“ nach der Implementierung. Aber ist Transparenz Selbstzweck? Oder ist sie nicht eher das Mittel zum eigentlichen Zweck?
Es lohnt sich, dieser Frage nachzugehen, um Enttäuschungen zu vermeiden, denn eine Veränderung kann keine durchbrechenden Erfolge bringen, wenn wir die falschen Ziele verfolgen. Was also steckt hinter dieser so oft gewünschten „Transparenz“? Ich erinnere mich noch gut an die Anforderung, die ein Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens mir gegenüber vor einigen Jahren formuliert hat:
1. Wir haben unseren Kunden versprochen, dieses Jahr Anlagen im Wert von 135 Mio. € zu liefern. Nach jetzigem Erkenntnisstand schaffen von 130 Mio. €. Für die deshalb entstehenden und bereits entstandenen Verspätungen zahlen wir ca. 0,5 Mio. € Vertragsstrafen. Das ist zwar nicht gut, aber Gewinn machen wir trotzdem.
Das Thema Multitasking wird in der öffentlichen Debatte immer aktueller: in unserer vernetzten Welt mit ihren ständigen Ablenkungen werden die schädlichen Effekte im Alltag für uns alle sichtbar. Kinder, die sich kaum mehr konzentrieren können, weil sie ständig hundert Dinge gleichzeitig tun, Erwachsene, die ihre Medien in 140-Zeichen-Häppchen konsumieren, um dann noch schnell vor dem Abendbrot eine E-Mail zu beantworten… all das macht uns so langsam klar, dass das lange so hoch gepriesene „Multitasking“ weit mehr Schaden anrichtet, als es in irgendeiner Weise unsere Effizienz erhöht.
So langsam sollten diese Lektionen auch ins Projektumfeld vordringen, wo Multitasking weiterhin weit verbreitet ist – meist gar aktiv gefördert wird. Dabei handelt es sich um einen der, wenn nicht gar den schädlichsten Faktor im Multiprojektmanagement überhaupt. Zu diesem Ergebnis kommt auch eine Studie, die die VISTEM gemeinsam mit Prof. Ayelt Komus in über 500 teilnehmenden Unternehmen durchgeführt hat. Einige Schlüsselerkenntnisse:
Das Konzept „Industrie 4.0“ hat fünf Jahre nach seiner Einführung in vielen Unternehmen Deutschlands praktischen Einzug gefunden und verändert konkret Produktion und Produktentwicklung, wie zum Beispiel dieser ZEIT-Artikel illustriert.
Die zunehmende Digitalisierung hat dabei scheinbar nur Vorteile:
- Kundenspezifische Lösungen sind einfacher und günstiger umzusetzen.
- Der Datenstrom an Informationen zu jedem Produktionsschritt und jeder Verbesserungsinitiative – sowie die automatische Auswertung – erlauben punktuelle Problemanalyse und präzise Veränderungen.
- Die digitale Verwaltung erlaubt es, mehr Projekte denn je gleichzeitig umzusetzen.
Genau hier verbirgt sich allerdings die Gefahr, die Unternehmen auch schon vor der Digitalisierung gerne zum Verhängnis wurde: bei zu vielen Projekten gleichzeitig nehmen Zuverlässigkeit und Geschwindigkeit ab.
- Prioritäten gehen verloren, jeder kämpft darum, sein Projekt möglichst weit vorne durchzudrücken;
- Die Verzögerungen führen dazu, dass nur noch mehr Projekte gestartet werden (denn Mitarbeiter wissen: je länger ich warte, umso unwahrscheinlicher, dass mein Projekt drankommt);
- Die Anforderungen bereits begonnener Projekte ändern sich, um mit den wechselnden Umständen mitzuhalten – was natürlich wiederum eine Verlängerung der Projekte mit sich bringt;
- Die Möglichkeit, mehr Projekte gleichzeitig umzusetzen, verleitet dazu, sich zu übernehmen.
Bei externen – kundenbetriebenen – Projekten fungiert der Markt als natürlicher „Regulator“ dieses Prozesses: wird das System überladen und die Lieferzeiten unverhältnismäßig lang, vergeben Kunden einfach keine Aufträge mehr.
Bei internen Projekten allerdings fehlt dieser Regulator und so können Verbesserungsinitiativen „ohne Ende“ gestartet werden. Sie kommen sich gegenseitig in die Quere, kämpfen um Ressourcen und Aufmerksamkeit, verfolgen teilweise sogar widersprüchliche Ziele und drohen so, das Unternehmen zum Stillstand zu bringen.
Anstatt diese Situation zu verbessern und transparenter zu machen, hat die zunehmende Digitalisierung oft den gegenteiligen Effekt: nun können noch mehr Projekte gestartet werden und es wird schwerfallen, dieser Versuchung zu widerstehen. Manager fühlen sich regelrecht dazu gezwungen, denn die bestehenden Möglichkeiten müssen ja voll ausgenutzt werden, um im Markt mitzuhalten. Die Mengen an Daten, die nun zur Verfügung stehen, machen zudem Entscheidungen nicht leichter und können zur Lähmung führen.
Die Aufmerksamkeit der Topmanager wird an immer mehr Stellen gleichzeitig gefordert. Sie müssen schnell komplexe Entscheidungen fällen anhand einer Flut von Informationen aus zahlreichen Quellen. Fokus wird immer schwieriger und doch immer wichtiger. Was also kann man tun, um in dieser neuen Welt nicht den Überblick zu verlieren?
Ein einfaches und zugleich flexibles Multiprojekt-Management ist gefragt. Der FLOW der Projekte muss dabei stets im Vordergrund stehen. Dies verlangt einen radikalen Paradigmenwechsel, denn die nicht totzukriegende Überzeugung, „Mehr ist immer besser“ wird durch die Digitalisierung nur noch bestärkt.
Stattdessen müssen sich Unternehmen die Frage stellen: „Welche Initiative wird einen einschlagenden Erfolg haben? Welcher wollen wir unsere gesamte Aufmerksamkeit schenken? Und welche können wir vorerst auch bleiben lassen?“ Folgende Punkte sollten Sie dabei beachten – mehr Informationen zu den einzelnen Aspekten finden Sie jeweils hinter den Links:
- Es braucht klare und robuste Prioritäten, die für alle im Unternehmen jederzeit transparent sind und nicht ständig wechseln.
- Der richtige Fokus hilft, zu entscheiden, welches der Projekte die größte Auswirkung haben wird und als Erstes in Angriff genommen werden soll.
- Den Projekten werden ausreichend Ressourcen zugeordnet, die ununterbrochen arbeiten können und nicht vorzeitig abgezogen werden. Puffer helfen, unvorhersehbare Ereignisse abzufangen, ohne den Zeitplan über den Haufen zu werfen.
- Die Pipeline interner Projekte darf nicht überladen werden: die Anzahl aktiver Projekte wird auf ein sinnvolles Niveau reduziert und auch dort belassen – trotz digitaler Verwaltung! Idealerweise sollte (pro Bereich) nur eine Maßnahme gleichzeitig erfolgen – nur so kann man sicher sein, dass erzielte Veränderungen tatsächlich darauf zurückzuführen sind.
- Management-Aufmerksamkeit ist meist knapp: Topmanager greifen daher nur dort ein, wo ihre Unterstützung tatsächlich am dringendsten benötigt wird – dank klarer Prioritäten ist dies stets sichtbar.
- Damit Manager schnelle Entscheidungen treffen können, müssen die richtigen Informationen stets zur Verfügung stehen (und nur die – allzu viele Kennzahlen verwirren eher, als dass sie helfen).
Wenn die vereinbarten Prioritäten von jedem befolgt werden, wird verhindert, dass Projekte um Ressourcen konkurrieren (oder sie voneinander abziehen). Projekte werden nicht mehr zu früh gestartet oder unterbrochen, denn Mitarbeiter wissen, dass auch ihr Projekt schneller drankommt, wenn die aktiven Projekte ungestört beendet werden können. Zudem werden so Verbesserungsinitiativen schneller spürbare Resultate erzielen – ein entscheidender Faktor, um den Erfolg einer Maßnahme zu messen und die Mitarbeiter zu motivieren.
Mit einem robusten und flexiblen Projektmanagements-System kann die Digitalisierung optimal ausgenutzt werden, um das Unternehmen erfolgreich für die Zukunft zu stärken. Mit dem richtigen Fokus wird sie zu einem mächtigen Tool anstatt zu einem weiteren überlastenden Faktor im atemlosen Konkurrenzkampf am Markt.
Agilität wird oft verstanden als ‚nur’ der Einsatz von Methoden im Projektmanagement. Dabei bedeutet Agilität mehr – nämlich eine agile Grundhaltung zu implementieren. Es gilt, die komplexe Transformation am offenen Herzen zu schaffen und dabei die operative Lieferfähigkeit sicherzustellen. Und genau dafür braucht es den Menschen. So gesehen ist die Frage, die das Projektmagazin mit der Blogparade „Klassisch, agil oder egal: Ist ein guter Projektleiter mit jeder Methode erfolgreich?“ durchaus berechtigt. Schließlich stehen viele Unternehmen im Projektumfeld vor genau dieser Frage: Brauchen wir neue Methoden und/oder neue Mitarbeiter, die mit den alten und/oder neuen Methoden bessere Ergebnisse erzielen? Dabei beißt sich der Hund in den Schwanz. Agil oder klassisch ist eigentlich egal – wenn es nur richtig gemacht wird. Die gelebte Unsicherheit in Unternehmen, verbunden mit den Fragen: Was ist denn nun letztendlich wirklich besser? Was sollen wir tun? Gibt es ein Allheilmittel? bedingt eher ein ständiges Hin-und-Her anstatt eines Voll-und-Ganz. Dieser Wechsel der Methoden, die mangelnd konsequent umgesetzt werden, hilft weder den Menschen noch den Projekten oder Prozessen.
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