Wir haben in diesem Blog schon oft darauf hingewiesen, wie wichtig bereichsübergreifende Kooperation im Sinne der gemeinsamen Unternehmensziele ist. Lokale Optima und Bereichskennzahlen bewirken das Gegenteil: Sie führen zu Konflikten und Reibung, wenn sich die Ziele verschiedener Bereiche widersprechen (und das tun sie oft schon auf den ersten Blick, bei genauerer Betrachtung sogar fast immer). Sie fördern lokale Verbesserungsinitiativen, deren gewünschte Effekte kaum zu spüren sind und meistens sogar negative Auswirkungen auf andere Bereiche haben.
Um seine Performance bedeutend zu verbessern, müssen Entscheidungen immer auf das Ergebnis des Unternehmens ausgerichtet werden … und das geht praktisch nicht, ohne sich mit dem Engpass des Unternehmens zu befassen, dem limitierenden Faktor. Alle anderen Bereiche müssen sich dieser Entscheidung unterordnen, denn jegliche Erhöhung der Effizienz bei nicht-Engpässen ist vor allem verschwendete Energie.
Arbeitsteilung ist eines der grundlegenden Prinzipien der industriellen Produktion und hat dort zu radikal erhöhter Effizienz geführt. Ob in der Herstellung, im Bau oder in wissensbasierten Industrien – heutige Unternehmen setzen oft auf (hoch-)spezialisierte Mitarbeiter, die in Teams oder in Projekten ihr Expertenwissen zusammenbringen und so gemeinsam auf Zielerreichung hinarbeiten.
Eine auffällige Ausnahme dieser Regel bleibt der Vertrieb: hier werden weiterhin Außendienstmitarbeiter eingesetzt, die weitgehend unabhängig arbeiten, angetrieben durch Provisionen und mit einem Portfolio an Kunden, das sie eifersüchtig hüten. Dabei übernehmen sie eine Vielfalt unterschiedlicher Aufgaben, von der Lead Generierung über Verkaufsgespräche bis zur technischen Beratung und dem Kundendienst nach Vertragsabschluss. Ob diese Vorgehensweise gerade bei Projektunternehmen wirklich noch sinnvoll ist, wird selten in Frage gestellt.
Doch so langsam wird an dieser Struktur gerüttelt. Ein interessantes Buch zum Thema Spezialisierung im Vertrieb ist The Machine von Justin Roff-Marsh1. Der Autor schlägt eine recht radikale Neu-Konfigurierung vor, und seine Argumente sind durchaus überzeugend.
Gastbeitrag von Eli Schragenheim
Ein strategisches Dilemma – Beispiel für einen Basiskonflikt im Rahmen einer bedeutenden Veränderung
Das Unternehmen GoodChoice ist eine Kette kleinerer Supermärkte, die einige Filialen in einer Großstadt führt. Gegründet als GoodChoice Bäckerei vom Vater des Eigentümers Marcello, wurde sie von diesem weiter aufgebaut und expandiert. Heute beträgt der Gesamtwert der GoodChoice Kette – mitsamt der Bäckereisparte, die eine Reihe an Brotprodukten innerhalb der Supermärkte verkauft – mehr als das Zehnfache des ursprünglichen Geschäfts.
Hat Marcello Grund, stolz auf seine bisherige Leistung zu sein?
Marcello möchte mit seinem Unternehmen auf jeden Fall gerne weiter wachsen. Im harten Wettbewerb mit den drei anderen Supermarktketten vor Ort – allesamt größer als Goodchoice – schafft er nur relativ niedrige Profitmargen von etwa 1,4% des Umsatzes. Der Konkurrenzkampf zeigt sich bei jeder Werbeaktion und jeder Verhandlung mit Lieferanten. Im Ergebnis zahlt GoodChoice seinen Lieferanten höhere Preise und muss seinen Kunden gleichzeitig niedrigere bieten als die Konkurrenz.
Gastbeitrag von Eli Schragenheim
Lesen Sie bitte vor diesem Beitrag “Die Kategorien des Wertes”.
Nehmen wir an, Sie möchten sich eine neue Brille zulegen. Wieviel sind Sie bereit, für die perfekt passende Brille auszugeben?
Keine so einfache Frage, denn bei der Umwandlung des abstrakten Wertes in einen Geldbetrag spielen mehrere Faktoren eine Rolle.
1. Der praktische Nutzen: welche derzeitige Einschränkung beseitigt (verringert) die neue Brille?
2. Die Wahrnehmung von Status: was denken andere Menschen, wenn sie mich mit dieser Brille sehen?
3. Mein persönliches Empfinden: wieviel Freude bereitet mir mein Spiegelbild mit dieser Brille?
4. Wieviel Geld habe ich zur Verfügung? Kann ich mir die perfekte Brille tatsächlich leisten? Müsste ich dafür auf etwas anderes verzichten? Welchen Wert hat das (für mich)?
5. Welcher Preis erscheint „fair“ für diese Brille? Niemand gibt gerne mehr Geld aus als nötig.
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