Ein Unternehmen, das sich am Markt langfristig behaupten möchte, ist zwangsläufig ein Unternehmen, das fortlaufende Verbesserungen nicht nur anstrebt, sondern auch erfolgreich umsetzt. Manager können heute auf zahlreiche Tools und Systeme zurückgreifen wie Six Sigma, TQM oder Lean (Schlanke Produktion), um sich bei der Weiterentwicklung und Leistungsverbesserung ihres Unternehmens zu orientieren. Doch trotz jahrzehntelanger Erfahrung scheitern Verbesserungsinitiativen immer noch erschreckend häufig oder erreichen weit weniger, als möglich wäre: 50 bis 80%1 erreichen nicht ihr gestecktes Ziel.
Zum Scheitern verurteilt?
Einige der Gründe dieser hohen Ausfallquote haben wir in diesem Blog bereits behandelt: Widerstand und geringe Unterstützung sind ein chronisches Problem von Veränderungsinitiativen. In seinem Artikel „Continuous Improvement and Auditing“2 erklärt Dr. Alan Barnard, woher dies kommt und welche Folgen es auf die Verbesserungschancen des Unternehmens hat.
Dr. Alan Barnard, Vicious cycle related to high failure rate of change initiatives3
Die Folgen sind, dass oft nur kleine Verbesserungen angestrebt oder gar, dass nur dann Veränderungsinitiativen überhaupt ins Auge gefasst werden, wenn sie unvermeidlich werden, also das Unternehmen bereits im „Krisenmodus“ funktioniert. Doch ein gesundes, florierendes Unternehmen kann weit mehr Energie in Verbesserungen stecken als eines, das bereits ums Überleben kämpft.
Hier wird ein radikales Umdenken notwendig. Veränderung erfolgt nicht nur, wenn die Ist-Situation nicht mehr tragbar ist, sondern gehört zum Alltag: das Unternehmen ist zu jedem Zeitpunkt bemüht, sich weiterzuentwickeln. Dieser Process of Ongoing Improvement (Prozess der kontinuierlichen Verbesserung, auch POOGI) ist ein fester Bestandteil der Theory of Constraints und baut auf vorhergehende Ansätze auf.
Hunderte Jahre Verbesserungsbestreben
Die Idee der Verbesserung bestehender Prozesse und Systeme gibt es nicht erst, seitdem an Universitäten BWL gelehrt wird. Die Wissenschaft selber baut darauf auf, dass jede Entdeckung ständig hinterfragt wird und darauf die nächste aufbaut. Doch auch im geschäftlichen Bereich war dies schon früh erkannt worden. Das Idiom „Zeit ist Geld“ wird Benjamin Franklin zugeschrieben und bezog sich ursprünglich genau hierauf: kann etwas schneller (oder besser) hergestellt werden, so lässt es sich auch schneller und besser verkaufen – der Durchsatz erhöht sich.
Henry Ford war der erste, der sich mit Verbesserungsprozessen in modernen Unternehmen befasste; er setzte dabei vor allem auf „trial and error“ (Versuch und Irrtum). Ein halbes Jahrhundert später machte Taiichi Ōnos Entwicklung des Toyota Production System (TPS) und Kaizen die Idee der Kontinuierlichen Verbesserung auch in westlichen Unternehmen populär. Sowohl Ford als auch Ōno war es dabei wichtig, dass jede Prozedur zu jedem Zeitpunkt hinterfragt werden konnte. Beide waren zudem vor allem auf Verschwendung fokussiert: Material, Geld, Zeit oder Ressourcen sollten möglichst sparsam (und somit möglichst effektiv) eingesetzt werden.
Verbesserung geht auch falsch
Doch auch Verbesserungsinitiativen selber können kostbare Ressourcen verschwenden, etwa wenn sie nicht richtig geplant sind, am falschen Ort ansetzen, oder ihnen vor Abschluss die Luft ausgeht. Wird das „Falsche“ verbessert, haben wir ja nicht nur Ressourcen unnötig verschwendet: gleichzeitig haben wir mit diesen Ressourcen das „Richtige“ nicht getan. So ist dann das Ergebnis derweilen schlechter als die Ausgangssituation und die Unterstützung weiterer Initiativen wird umso unwahrscheinlicher: der bereits erwähnte Teufelskreis.
Da die meisten Unternehmen schlechte Erfahrungen mit Verbesserungsinitiativen gemacht haben, fallen sie typischerweise in eine der folgenden Verhaltensweisen zurück:
- Veränderung vermeiden (so werden zumindest keine Ressourcen verschwendet, der Status Quo bleibt erhalten).
- Viele kleine, risikolose Veränderungen probieren (um Stabilität zu wahren).
- Sehr wenige, große (oft riskante) Veränderungen wagen (um Wachstum zu erreichen).
Dr. Barnard unterscheidet dementsprechend zwischen Fehlern der Handlung (das Falsche tun oder das Richtige falsch tun) und der Unterlassung (das Richtige nicht tun). Die Angst vorm Scheitern verleitet die meisten Menschen dazu, lieber nichts zu unternehmen als das Falsche. Dabei kann ein „Fehler der Unterlassung“ oft ebenso große negative Folgen haben, durch verpasste Gelegenheiten etwa oder dadurch, dass ein Problem nicht beseitigt wird.
Die meisten Unternehmen sind sehr gut darin, lang anhaltende Probleme zu verbergen: Prozeduren werden angepasst, um das Problem zu umgehen, bis es irgendwann vollkommen unsichtbar geworden ist und niemand überhaupt mehr daran denkt, wieviel effizienter man arbeiten könnte, würde das Problem ein für alle Mal beseitigt.
Dazu kommt noch, dass man nur aus Erfahrung lernen kann: wer keine Fehler macht, kann nicht wissen, was er besser machen soll. Damit aus Fehlern gelernt wird, braucht es natürlich einen robusten Monitoring- und Feedbackprozess. Dieser gehört ebenfalls zu einem gesunden System der kontinuierlichen Verbesserung.
Wir wissen also: Veränderung ist unvermeidlich, denn jedes Unternehmen ist dem Druck ausgesetzt, stets mehr zu leisten, und zwar sowohl jetzt als auch in Zukunft. Was also muss geschehen? Wie Sie in Ihrem Unternehmen fortlaufende Verbesserungsinitiativen durchführen, robuste Entscheidungen treffen und umsetzen, wie Sie Kooperation von allen einholen, Ergebnisse überwachen, all das erfahren Sie über die nächsten 5 Blogeinträgen im Detail.
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1: Die Prozentangabe basiert auf mehreren Studien, die Dr. Alan Barnard in der Tabelle 15-1 S. 409 f. “High Failure Rate for Various Change Initiatives and IT Projects” in seinem Artikel Dr. Alan Barnard, “Continuous Improvement and Auditing” in dem Buch Cox III, James F., und Schleier Jr., John G., Hgg. Theory of Constraints Handbook. New York: The McGraw-Hill Companies Inc., 2010. S. 403-454 vorstellt
2: Dr. Alan Barnard, “Continuous Improvement and Auditing” aus dem Buch Cox III, James F., und Schleier Jr., John G., Hgg. Theory of Constraints Handbook. New York: The McGraw-Hill Companies Inc., 2010. S. 403-454
3: Idem, S. 411