Gründe für eine holistische Umsetzung von Veränderungsinitiativen
Verbesserungsinitiativen können ihre volle Wirkung nur entfalten, wenn sie ganzheitlich, in der gesamten Organisation, umgesetzt werden. Zwar werden auch durch punktuelle Initiativen im kleineren Rahmen (etwa in einem Bereich), oft beeindruckende Resultate erzielt – doch solange sich nicht das gesamte Unternehmen der Veränderungsinitiative annimmt, ist es oft verschwendetes Potential. Dafür gibt es mehrere Gründe:
- Die TOC setzt beim Engpass des Unternehmens an. Ist also der Bereich, bei dem Verbesserungsmaßnahmen durchgeführt werden kein Engpass, hat die Initiative keinerlei Effekt auf die Gesamtleistung des Unternehmens und der eigentliche Engpass bleibt weiter bestehen.
- Dies kann sogar eine entgegengesetzte Wirkung haben: nach erfolgreicher Implementierung der Verbesserungsinitiative hat unser Bereich nun Überkapazitäten. Doch da andere Unternehmensbereiche weiterhin ineffizient arbeiten, das Unternehmen also nicht wachsen kann, müssen gegebenenfalls Mitarbeiter entlassen werden: sie haben sich somit ins eigene Fleisch geschnitten. Die verbleibenden Mitarbeiter werden sich hüten, einer ähnlichen Initiative zuzustimmen.
- Der gleiche Effekt kann sogar eintreten, wenn tatsächlich der Durchsatz im wahren Engpass erhöht wurde, dann aber nicht – wie im Veränderungsprozess vorgesehen – der Prozess von vorne begonnen wird: der Engpass verschiebt sich, das Unternehmen entwickelt sich nicht weiter, wir riskieren Überkapazitäten.
- Im schlechtesten Fall erhöhen wir die Kapazität im Unternehmen (am Engpass), schauen aber nicht, dass wir den höheren Output auch verkaufen können. Das Ergebnis ist ebenfalls Entlassungen und frustrierte Mitarbeiter, die keine Veränderung mehr mittragen werden.
- Dazu kommt es zu Interessenkonflikten (noch mehr als zuvor), wenn nicht alle am gleichen Strang ziehen: Eine Abteilung, die die TOC-Implementierung absolviert hat, denkt bereits in holistischen, unternehmensweiten Zielen. Die restlichen Bereiche aber funktionieren wie bisher und blockieren nun die durch die TOC erzielten Verbesserungen. Sie sind nur an lokalen (selbstsüchtigen) Zielen interessiert. Für „unsere“ Abteilung ist dies sehr frustrierend und demotivierend, sie wenden sich gegen den Rest des Unternehmens (und möglicherweise gegen die TOC-Maßnahmen).
Der Weg: Paradigmenwechsel
Die allermeisten der Hindernisse zu einer unternehmensweiten Umsetzung sind dabei rein psychologischer Natur und daher auch in fast allen Branchen und Umgebungen sehr ähnlich. Dies erkannte auch Eli Goldratt und setzte sich daher Ende der 90er Jahre daran, eine wirkungsvolle und überzeugende Einführung in ganzheitliche TOC-Implementierung zu schaffen. Das Resultat war ein Prozess, an dem alle wichtigen Stakeholder des Unternehmens beteiligt sind.
In einem ersten Schritt gilt es dabei, die Prinzipien der Theory of Constraints klar darzulegen und zwei grundsätzlich notwendige Paradigmenwechsel in den Köpfen zu bewirken:
- Der Wechsel von der kostengetriebenen (defensiven, stressdominierten) Einstellung zur durchsatz-getriebenen Einstellung, die das Entwicklungspotential des Unternehmens voll ausschöpft.
- Die Bereitschaft, an Menschen und ihren Veränderungswillen zu glauben: Mitarbeiter sind gerne bereit, einen fundamentalen Wechsel aktiv mitzumachen, solange er sinnvoll und für alle Teilnehmer positiv ist.
Im zweiten Schritt werden diese Prinzipien auf das eigene Unternehmen angewendet und Strategien und Taktiken entwickelt, um sie konkret umzusetzen. Dabei ist es wichtig, dass jeder Teilnehmer das Gefühl hat, gehört zu werden und einen substantiellen Beitrag zum Prozess zu leisten.
Dabei helfen den Teilnehmern die folgenden drei fundamentalen Fragen:
1. Was soll geändert werden?
2. Wohin soll die Veränderung führen?
3. Wie soll die Veränderung herbeigeführt werden?
In einem mehrtägigen Workshop wird dieser Prozess Schritt für Schritt durchgeführt. Am Ende steht eine vollständige Roadmap für den ganzheitlichen Veränderungsprozess. Wie dies in der Praxis funktioniert und welche Lektionen wir daraus ziehen können, erfahren Sie in im nächsten Blogeintrag.
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Quelle: Dr. Alan Barnard and Raimond E. Immelman: “Holistic TOC Implementation Case Studies, Lessons Learned from the Public and Private Sector” aus dem Buch Cox III, James F., und Schleier Jr., John G., Hgg. Theory of Constraints Handbook. New York: The McGraw-Hill Companies Inc., 2010. S. 455-498