
Entscheiden, was zu tun ist… und was nicht
Gastbeitrag von Claudia Simon
Es gibt unendlich viel zu tun – doch haben wir nicht unendlich viel Geld, Zeit oder Ressourcen! Die Entscheidung, welche der unzähligen potentiellen Verbesserungen ein Unternehmen als Nächstes in Angriff nehmen sollte, ist nicht zu unterschätzen. Sollen Veränderungen mittel- und langfristig erfolgreich sein, geht es vor allem aber auch darum, zu entscheiden, was zu tun und was zu lassen ist.
Die falsche Entscheidung kann nicht nur Zeit und Geld verschwenden, sondern auch unerwartete negative Effekte haben und somit das Unternehmen schwächen. Doch selbst unter mehreren guten Ansätzen gilt es die richtige – dringendste, wirkungsvollste, durchschlagendste – Verbesserung erst einmal ausfindig zu machen. Wo fangen wir an, wenn wir das gesamte Unternehmen zur Wahl haben? Theoretisch ergeben sich unzählige Optionen. Tatsächlich aber macht es nur Sinn, an genau der Stelle anzusetzen, die die Leistung des Unternehmens derzeit am stärksten einschränkt, in anderen Worten: am Engpass.
Den Engpass identifizieren und regelmäßig prüfen
Der Engpass kann ein hochspezialisiertes Team sein, eine Maschine, ein Prozess oder – was sehr häufig vorkommt – die Management-Aufmerksamkeit. Oft wechselt der Engpass – gerade in Multiprojektumgebungen – auch. Und manchmal liegt er sogar im Markt selbst – wenn die Aufträge fehlen. Um den Engpass zu identifizieren, ist also eine sorgfältige Analyse notwendig, denn hier findet sich in der Nutzung des Engpasses der Hebel, mit dem die durchschlagendsten Verbesserungen erreicht werden können.
Der unvermeidliche Paradigmenwechsel …
Diese Entscheidung, mit der Nutzung und der Verbesserung am Engpass anzusetzen, bedeutet aber auch, dass sich alle anderen Bereiche des Unternehmens dieser Entscheidung unterordnen müssen. Dies steht im Gegensatz zu der derzeit geltenden Vorgehensweise, in vielen Abteilungen lokale Verbesserungsprojekte voranzutreiben. Die erwähnte egozentrische Sicht des Menschen und seit langer Zeit schwelende Konflikte spielen hier mit, um Widerstände in allen nicht betroffenen Bereichen zu schüren.
… erfordert ein radikales Umdenken …
Für den durchschlagenden Erfolg einer Initiative ist ein ganzheitlicher Ansatz aber unvermeidlich. Hier ist also ein radikales Umdenken notwendig: Ein Wechsel vom Bereichs- oder Stammesdenken zur holistischen Zusammenarbeit aller Mitarbeiter auf ein gemeinsames Ziel hin. Bei diesem Schritt extrem wichtig: Das Vertrauen der Mitarbeiter in eine Initiative wird nicht gestärkt, wenn sie nur halbherzige Unterstützung „von oben“ hat. Es ist daher unerlässlich, dass die Geschäftsleitung voll hinter den Veränderungen und angekündigten Paradigmenwechsel steht.
… und eine robuste Planung
Robuste Planung ist unabdingbare Voraussetzung jeder erfolgreichen Initiative. Zu oft wird dieser Aspekt vernachlässigt – erscheint er doch vielen Managern als trocken und realitätsfern. Sie möchten lieber gleich „zur Tat schreiten.“ Doch wer keinen Plan hat, der kommt schnell vom Pfad ab. Bei guter Planung hingegen läuft die Umsetzung fast von selbst: Der Plan bietet eine übersichtliche Roadmap, die wir nur noch abzuschreiten brauchen. Etwaige unerwünschte Nebenwirkungen sind bereits durchgearbeitet und Gegenmaßnahmen ergriffen. Zugleich hilft er bei der Überwachung der Fortschritte oder etwaiger notwendiger Kurskorrekturen. Es macht also durchaus Sinn, bei der Planung mit der nötigen Sorgfalt vorzugehen.
Unvermeidliche Variabilität
Nun gilt es noch, einen weiteren Faktor in Angriff zu nehmen: die unvermeidliche Variabilität. Es ist auch mit der besten Planung nicht möglich, alles vorhersehen zu können. Die Tendenz, jede mögliche Entwicklung vorwegnehmen zu wollen, führt dazu, dass Pläne zu rigide, zu detailliert und zu komplex werden. Trotzdem klopft die Realität bald an und schmeißt Zeitpläne und Prioritäten über den Haufen. Gerade Leute, die überzeugt sind, die Realität „bezwingen“ zu können, indem sie jede mögliche Entwicklung vorausplanen, werden umso heftiger aus der Bahn geworfen, wenn es dann doch anders kommt als geplant.
Die Ungewissheit akzeptieren und gestärkt daraus hervorgehen
Übermäßige Planung ist also nicht nur unnötiger Aufwand, sondern kann dem Unternehmen sogar aktiv schaden. Akzeptieren Unternehmen stattdessen, dass Ungewissheit unvermeidlich ist und es vollkommen unmöglich ist, alle Eventualitäten vorauszusehen, können sie sich gegen Variabilität absichern und stehen bedeutend stärker da. Auch eine mittlere Katastrophe kann ihnen nun nichts mehr anhaben – ja, sie gehen sogar (im Vergleich zur Konkurrenz) gestärkt daraus hervor.
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Claudia Simon ist Geschäftsführerin der VISTEM GmbH & Co. KG. Gemeinsam mit einem Expertenteam berät und begleitet sie nationale und internationale Unternehmen in ihrer Wachstumsentwicklung. Das Ziel: Ein florierendes Unternehmen und nachhaltiger Erfolg. Der Weg: Potentialerschließung durch konsequente Umsetzung der engpassorientierten Unternehmensführung. Innovative Methoden rund um Strategieentwicklung und Ressourcenmanagement stehen dabei im Mittelpunkt.