Sie haben schon oft Kontakt mit Unternehmensberatern gehabt und mit ihnen zusammengearbeitet. Berater sind mit ihrer spezialisierten Expertise und ihrer Arbeitskraft aus vielen Umgebungen gar nicht mehr wegzudenken.
Doch was genau bieten diese externen Fachkräfte Ihrem Unternehmen? Schauen wir einmal genauer hin:
- Bezieht sich die Expertise und damit die Beratung eher auf Themen, die man gerne „wegdelegieren“ möchte? Themen, bei denen es leicht fällt, einzugestehen, dass einem selbst das erforderliche Fachwissen oder die Zeit fehlt?
- Oder bezieht sich die Beratung auf das Unternehmen als Ganzes? Also auf genau das, was die eigentliche Aufgabe des Topmanagers ist? In anderen Worten: Kann ein Topmanager eingestehen, dass er in Bezug auf die „Strategie und Taktik“ seines Unternehmens Unterstützung brauchen könnte? Dass ihm der Gesamtblick aus den Augen geraten ist?
Die wichtigste Aufgabe des CEO eines Unternehmens ist es, Fokus zu erzeugen, d.h.: festlegen, was zu tun ist und festlegen, was nicht (mehr) getan werden soll. Damit bestimmt er die Richtung des Unternehmens (Strategie) und wie diese Richtung verfolgt werden soll (Taktik).
Vor einigen Tagen saß ich mit einigen Kollegen zusammen; Berater aus unterschiedlichen Unternehmensberatungen, tätig in ganz verschiedenen Branchen und Unternehmensgrößen. Sehr schnell kam das Gespräch auf die Frage, warum es wohl vergleichsweise leicht ist, ein Beratungsprojekt „ERP-Software einführen“ oder „XYZ-Prozess optimieren“ oder „ABC-Markt analysieren“ zu verkaufen, während es gleichzeitig sehr schwierig zu sein scheint, ein Beratungsprojekt „Steigerung des Gewinns um X% im ersten Jahr und Y% im zweiten Jahr“ zu verkaufen.
Ein Kollege äußerte den folgenden Erklärungsversuch:
„‘Software einführen‘ ist nicht die Kernaufgabe/-kompetenz des CEO; deshalb kann er dort sehr wohl Beratung und aktive Mithilfe in Anspruch nehmen. Auch ‚ABC-Markt analysieren‘ berührt nicht die Kernaufgabe/-kompetenz des CEO; durch einen solchen Auftrag lässt er sich Informationen liefern, die er anschließend selbst bewertet und ggf. Handlungen daraus ableitet.
‚Steigerung des Gewinns um X% bis zum …‘ ist dagegen ein ganz anderes Kaliber. In einem solchen Projekt werden vom externen Berater keine Vorschläge formuliert, die der CEO sich anschaut und anschließend überlegt, ob er ihnen folgen will. Im Gegenteil! In einem solchen Projekt muss der CEO zusammen mit dem externen Berater den Fokus, die Strategie und Taktik erarbeiten, entscheiden und für die Umsetzung sorgen. Hier geht es nicht mehr um Vorschläge oder Zuarbeit für das Topmanagement, sondern es geht um konkretes Handeln des Topmanagements. Will man sich darauf wirklich einlassen?
Handelt es sich um Zuarbeit oder Vorschläge für Teilbereiche des Unternehmens, kann der Topmanager immer sagen: ‚Aus übergreifender Betrachtung habe ich – abweichend von der Empfehlung – folgendes entschieden.‘ Handelt es sich aber um eine gemeinsam erarbeitete Strategie und Taktik, könnte er nur noch sagen ‚Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern.‘“
Die Schlussfolgerung ist also: einen Berater als Lieferanten zu betrachten ist etwas anderes, als einen Berater als Management-Partner auf Augenhöhe zu betrachten und mit ihm zusammen die Entscheidungen zu treffen, die man sonst alleine treffen muss/darf/will.
Kurz gesagt: Geht es hier nur um Eitelkeit?
Mir gefällt diese Erklärung nicht wirklich. Mein Bild von einem Topmanager ist, dass ihm die Entwicklung des Unternehmens wichtiger ist als persönliche Empfindlichkeit. Dies sehe ich in meinem Alltag als Berater auch immer wieder bestätigt.
Doch was erklärt dann die Zurückhaltung vieler CEOs, sich bei der Entwicklung unternehmensweiter Strategien auf externe Hilfe einzulassen?
Ein sehr interessantes Blog und wichtige Frage!
Ich glaube, die kurze Antwort auf die letzte Frage, die Uwe Techt sich und uns stellt ist: Egobedürfnis. Die Gestaltung der Strategie ist eine zentrale Aufgabe des CEO. Der CEO, der diese Aufgabe auslagert, reduziert seine Bedeutsamkeit. Das Auslagern von Nebensachen an renommierte Beratungsfirmen dagegen, kann sogar zu seiner Bedeutsamkeit beitragen.
In der längeren Antwort spielt, aus meiner Sicht, Selbstentwicklung eine Rolle. Ein jeder hat neben Egobedürfnissen auch das Bedürfnis sich selbst zu entwickeln, und oft – nicht immer – ist dieses Bedürfnis erst dann am Zug, wenn das Egobedürfnis befriedigt ist. Ein Aspekt von Selbstentwicklung ist, das richtige zu tun. Da treffen, in Bezug auf CEO-Arbeit, Selbstentwicklung und Strategiegestaltung zusammen: was ist die richtige Strategie für mein Unternehmen? Für die größten CEOs ist diese Frage zentrale Aufgabe. Viele CEOs sind aber auch einfach zufrieden mit einer Strategie, so lange diese nur ihren Stempel trägt. Auch wenn sie ahnen, dass sie vielleicht verbesserungsbedürftig ist.
Das Verhältnis zwischen Egobedürfnissen und dem tieferliegenden Bedürfnis der Selbstentwicklung ist nicht gerade einfach. Und infolgedessen ist Beratung, wo sowohl Egobedürfnisse als auch Selbstentwicklung eine Rolle spielen, nicht einfach. Eine Fallgrube in diesem Bereich wäre es, Rezepte mit Expertenwissen zu verschreiben. Weil dadurch das Egobedürfnis des Mandanten gefährdet werden würde. Nach dem Motto „wer in den Fußstapfen eines anderen wandelt, hinterlässt keine eigenen Spuren“, verliert das Ego des Mandanten, der im Strategiebereich macht was ihm verschrieben wird, an Bedeutung.
So sind wir genau dort zurück, wo Uwe Techt uns hin gebracht hat. Und ich würde mich dafür und auch dafür, dass ich Uwe teilweise nur wiederholt habe, entschuldigen, wäre es nicht, dass ich meine, eine Lösungsrichtung angezeigt zu haben. Um im Bereich Strategie erfolgreich zu sein, braucht es zum einen große CEOs und zum anderen Berater mit speziellen Vorgehensweisen. Diese zu beschreiben braucht aber einen weiteren Blog oder sogar ein Buch.