Kunden schätzen Schnelligkeit und Zuverlässigkeit
Oft hört man aus Unternehmen Klagen über harten Wettbewerb, Kunden, die immer höhere Ansprüche stellen und dann trotzdem zur Konkurrenz abwandern, zu hohe Kosten und mangelnde Differenzierung. Die potentiellen Folgen sind eine ständige Bedrohung: Marktanteil und Gewinne schrumpfen; Mitarbeiter leiden erhöht unter Stress; Gehälter, Boni und schlussendlich Arbeitsplätze sind in Gefahr.
Daher lautet eine der wichtigsten Fragen, die sich jedes Unternehmen stellen muss: wie können wir einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil erlangen? Eine mögliche Antwort darauf ist Geschwindigkeit. Für die meisten Kunden ist eine schnelle und zuverlässige Umsetzung ihrer Aufträge einer der wichtigsten Faktoren bei der Auswahl ihrer Zulieferer, denn Verspätungen führen schnell zu hohen Verlusten. Zudem bringt eine Beschleunigung dem Unternehmen selbst ebenfalls zahlreiche Vorteile, erlaubt sie doch mehr Umsatz und erhöhten Cash Flow.
“Schnelle Umsetzung ist die Hauptvoraussetzung für Gewinnerzeugung.” Nobuo Ishibashi (Gründer, Daiwa House)
Die 4 Flow-Konzepte von Dr Alan Barnard
Um die Geschwindigkeit im Projektgeschäft zu erhöhen, richtet Dr Alan Barnard, Geschäftsführer der Goldratt Research Labs, seine Aufmerksamkeit auf den Flow, den (möglichst reibungslosen) Fluss der Arbeit durch das Unternehmen sowie seine Zulieferer. Er basiert sich dabei auf die vier Flow-Konzepte, die schon Eli Goldratt entwickelte und in seinem Artikel Standing on the Shoulders of Giants1 vorstellte. Diese Ansätze, Projekte und Lieferketten effizient zu managen, fassen sich wie folgt zusammen:
1. Flow (bzw. Lieferzeiten / Schnelligkeit) zu verbessern ist eins der Hauptziele des Betriebes (Lieferkette, Projekte, Vertrieb).
2. Dieses Hauptziel soll umgesetzt werden in praktische Mechanismen, um die üblichen (bekannten) Fehler bei Pipelining, Planung und Durchführung zu vermeiden, die „Flow-Zeit“ verschwenden.
3. Lokale Effizienzen müssen abgeschafft werden (sowie weitere derzeit unbekannte Fehler, die Flow-Zeit und Flow-Durchsatz verschwenden).
4. Ein Fokussierungsprozess, um den Flow konstant und ausgeglichen zu halten, muss eingerichtet werden.
Welche Schritte erforderlich sind, um dies zu erreichen, erfahren Sie im Folgenden.
Erste Schritte in Richtung Beschleunigung
Um langfristig erhöhte Geschwindigkeit in der Projektsteuerung zu erreichen, muss an erster Stelle die Arbeitslast (Work in Process oder WIP) reduziert werden. Nur so lassen sich schädliches Multitasking, dünne Ressourcenverteilung, mangelnder Fokus und weitere negative Effekte reduzieren, die alle unnötig die Durchlaufzeiten der Projekte verlängern.
Wichtig ist dabei, dass bereits nach kurzer Zeit erste Erfolge fühlbar sind. So werden die Mitarbeiter überzeugt und bei dieser bereits recht tiefgreifenden Umstellung der Arbeitsvorgänge bei der Stange gehalten. Ein erster, konkreter Umsetzungsplan ist dabei behilflich. Hier eine Übersicht, wie das in verschiedenen Umgebungen konkret aussehen kann:
Produktion
- Durchlaufzeit der Produktion beträgt vier Wochen.
- Unmittelbarer Stopp neuer Aufträge in die Produktion während zwei Wochen.
- Der Rückstand vor den Maschinen wird abgearbeitet.
- Nach zwei Wochen werden erneut Aufträge freigegeben – nun mit einer Durchlaufzeit von zwei Wochen.
- Resultat: innerhalb von einem Monat wurden Durchlaufzeiten und WIP um 50% reduziert (Durchlaufzeit von Rückständen ausgenommen).
- Kapazität steigt, Chaos nimmt ab.
Projekte
- 20-25% der Projekte werden eingefroren: alle Arbeit an ihnen wird eingestellt.
- Verbesserter Flow führt zu kürzeren Projektlaufzeiten.
- Resultat: Innerhalb von 1-2 Monaten wurden Projektlaufzeiten und WIP um 25% reduziert (Durchlaufzeit von Rückständen ausgenommen).
Hier wird schnell das enorme Potential der WIP-Reduzierung erkennbar. Eine um 25% verkürzte Projektlaufzeit entspricht einer Produktivitätssteigerung der bestehenden Kapazitäten um 33%. Eine bisherige Fertigstellungsrate von 3 Projekten pro Monat erhöht sich auf 4, also eine Durchsatzsteigerung um 33%. Es wird schwer sein, eine weitere Verbesserungsinitiative mit derartigem Potential zu finden. Dank dieser beeindruckenden Resultate haben wir auch bei der Belegschaft den notwendigen Kooperationswillen geweckt, um die nächsten, tiefgreifenden Schritte in Angriff zu nehmen.
Wie dies im Detail geht, erfahren Sie in unserem nächsten Beitrag zum Thema.
Das Problem MULTITASKING –mit den Worten von Alan Barnard
Es gibt kein “gutes” und “schlechtes” Multitasking. Multitasking ist prinzipiell immer schädlich. Ändern sich jedoch meine Prioritäten, dann muss ich wechseln, auch wenn ich den derzeitigen Task noch schnell beenden könnte: der Vorgang höchster Priorität hat stets Vorrang. Die kurze Zeitspanne, die ich für den Wechsel benötige, wird mehr als ausgeglichen dadurch, dass ich nun wieder am Vorgang höchster Priorität arbeite.
In der Regel sollten Prioritätenwechsel allerdings vermieden werden. Dies geschieht durch korrekte Planung und Pipelining. Und es sollte nie ein Wechsel von einem Vorgang hoher Priorität zu einem Vorgang niedrigerer Priorität vorkommen.
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Quelle: Dr Alan Barnard: Sharing new Insights in CCPM Pipelining, Planning and Execution…a TOC analysis, 30. Mai 2014
1: http://www.goldrattconsulting.com/webfiles/fck/files/Standing-on-the-Shoulders-of-Giants.pdf