Zusammenhang zwischen Burnout-Belastungsfaktoren und anderen Schwierigkeiten des Unternehmens
Als ich daran ging, meine große Sammlung der betrieblichen Belastungsfaktoren zu konsolidieren (siehe hier), wuchs mein Erstaunen: Die BurnOut-Belastungsfaktoren sind typische Symptome eines Unternehmens, dass sich in Schwierigkeiten befindet. Da ich nicht an Zufälle glaube, muss ich einen Zusammenhang vermuten. Dazu einige Beispiele …
Beispiel 1: Häufig wechselnde Prioritäten
Wahrscheinlich kennen Sie dieses Problem nur allzu gut: Die Prioritäten werden häufig verändert. Und Prioritätsänderungen ziehen Aufgabenwechsel nach sich.
Das wäre nicht weiter schlimm, wenn Sie hauptsächlich an sehr kleinen Aufgaben arbeiten würden; dann könnten Sie nämlich – trotz wechselnder Priorität – die Aufgabe, an der Sie gerade arbeiten, fertigstellen und anschließend die nächste Aufgabe entsprechend der veränderten Prioritäten auswählen und starten.
Da Ihre Aufgaben aber groß sind, mehrere Stunden, Tage oder Wochen dauern, können Sie bei einer Prioritätsänderung (eine dringende Unterstützungsanfrage, ein in Schwierigkeiten steckendes Projekt, eine neue Idee der Geschäftsführung) nicht so tun, als wäre nichts geschehen. Sondern: Sie sind gezwungen, Ihre aktuelle Aufgabe zu unterbrechen und sich der neuen Angelegenheit zuzuwenden.
Während der Abarbeitung einer Aufgabe kommt das i.d.R. nicht nur gelegentlich vor, sondern mehrfach und andauernd. Verstärkt wird dieser Effekt noch durch den Umstand, dass Sie oft auch die Aufgabe, zu der Sie hin wechseln, nicht fertigstellen können, weil wieder etwas anderes (oder die ursprünglich unterbrochene Aufgabe) wichtiger/dringender ist.
Dieser Mechanismus wird als schädliches Multitasking bezeichnet: statt einem Mitarbeiter zu erlauben (und ihn entsprechend zu führen), eine Aufgabe nach der anderen ordentlich zu erledigen, wird er gezwungen, Aufgaben immer wieder zu unterbrechen und zwischen verschiedenen Aufgaben hin und her zu wechseln.
Wie an der vorstehenden Abbildung leicht zu erkennen ist, erzeugt schädliches Multitasking mehrere negative Effekte:
- Die für jede Aufgabe erforderliche Arbeitszeit erhöht sich, weil man bei jedem Aufgabenwechsel „umdenken“ muss (= Setup). Nicht selten kommt es zu einer Verdopplung des Arbeitsaufwands.
- Die Durchlaufzeit jeder Aufgabe vervielfacht sich.
Hinzu kommt, dass häufige Aufgabenwechsel die Fehleranfälligkeit erhöhen. Fehler müssen später korrigiert werden; das erzeugt zusätzlichen Aufwand und verlängert gleichzeitig die Durchlaufzeit nochmals.
Spätestens jetzt wird klar, warum wechselnde Prioritäten und schädliches Multitasking burnout-begünstigend wirken:
- Mitarbeiter haben den Eindruck, viel zu arbeiten, aber wenig zu leisten (i.S.v. etwas fertig stellen) sowie (zu) viele Fehler zu machen und nicht gut (genug) zu sein.
- Führungskräfte haben den Eindruck, dass ihre Mitarbeiter wenig leisten und viele Fehler machen.
Gleichzeitig wird aber auch klar, dass wechselnde Prioritäten und schädliches Multitasking sehr schlecht für das Unternehmen sind:
- Mitarbeiter leisten weniger als sie könnten, d.h. das Unternehmen könnte mit den vorhandenen Mitarbeitern sehr viel mehr erschaffen.
- Frustrierte Mitarbeiter leisten noch weniger. Frustration ist ansteckend und breitet sich aus.
- Aufgaben / Projekte dauern sehr viel länger als sie müssten; dadurch entstehen Verspätungen; Verspätungen von Projekten beschädigen das Unternehmen: Produkte kommen später an den Markt, Kosten werden später gesenkt, Kunden erhalten später oder eingeschränkt die versprochene Leistung, Unternehmen gilt als unzuverlässig.
- Qualitätsprobleme entstehen und müssen ausgeräumt werden. Das erhöht erneut den Aufwand und die Durchlaufzeit; oder es beschädigt den guten Ruf des Unternehmens.
Schlussfolgerungen:
- Es gibt wenigstens einen BurnOut-Belastungsfaktor, der (auch ohne an Burnout zu denken) erhebliche schädliche Wirkungen für das Unternehmen erzeugt.
- Die BurnOut-Belastungsfaktoren hängen (zumindest teilweise) zusammen (hier: wechselnde Prioritäten, Multitasking).
- Daran zu arbeiten lohnt sich für das Unternehmen wirtschaftlich direkt (auch ohne den wirtschaftlichen Schaden durch BurnOut einzubeziehen).
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